Haustiere vegan ernähren

Warum die nichtvegane Tierernährung speziesistisch ist


Zum Anfang des Textes stellen wir zwei Thesen auf, mit denen wir schauen möchten, ob die vegane Ernährung unserer Haustiere moralisch richtig und erforderlich ist.

  • These: Weniger Leid ist besser als mehr Leid.
  • These: Schwein, Hund, Katze, Schaf, Huhn und Rind verfügen über die gleichen Möglichkeiten Schmerz zu empfinden.

Foto: zeigt einen Labrador.

Jede*r Tierhalter*in steht vor der Aufgabe die eigenen Schützlinge zu ernähren. Auch unter – aus politischen Gründen – vegan lebenden Menschen ist das Thema „vegane Tierernährung“ ein Streitthema. Die einen sagen, dass die unnatürliche vegane Ernährung von Tieren Quälerei sei, die anderen, dass dies nicht so sei und ganz im Gegenteil das Züchten und Töten von Tieren zu Nahrungszwecken eben die Quälerei darstelle.

Also haben wir zwei Standpunkte:

  • Es gibt Tiere, die andere Tiere fressen dürfen, und es gibt Tiere, die gefressen werden dürfen.
  • Alle Tiere sind gleich. [gesprochen wird von Wirbeltieren mit einem zentralen Nervensystem. Bei Wirbellosen ist die Bewertung des Schmerzempfindens – welches ich als ausschlaggebend für die moralische Bewertung der Tiere sehe – schwieriger, aber für diesen Text irrelevant.]

Schauen wir uns den ersten Standpunkt an:

Es gibt Tiere, die andere Tiere fressen dürfen, und es gibt Tiere, die gefressen werden dürfen.

Personen, die diese Ansicht vertreten, müssen entscheiden, welches Tier zu den „fressenden“ gehört und welches zu den „gefressenen“. Diese Entscheidung treffen die Personen aus unserer Sicht aber nicht (nur) selbst. Sie ist rechtlich, kulturell und gesellschaftlich geprägt. Jede Gesellschaft hat bestimmte Tiere, die sie als Haustiere stilisiert, Tiere, die zu Nutztieren degradiert werden, und viele, die weder das eine noch das andere sind. Vor allem die gesellschaftliche Prägung ist von großer Bedeutung. Den Menschen wird von Klein auf beigebracht, dass bestimmte Tiere Freunde sind und andere Nahrungsquelle. Diese Informationen sind so tief in vielen Menschen verankert, dass sie, trotz besseren Wissens, daran festhalten und diese – ihnen eingeimpfte Ansicht – verteidigen.

Foto: ein Portrait einer Kuh

Besonders stark ist dies bei Tierschützer*innen zu sehen. Sie bemühen sich mit viel Engagement für eine oder einige wenige Tierarten. Gleichzeitig werden oft an diese Tierarten andere Tierarten verfüttert oder von den Personen selbst konsumiert.

Schauen wir, welche Kategorien es in unserer Gesellschaft bezüglich der Einteilung von Tieren gibt:  

  • Gruppe A Diese Tiere sind ausschließlich Haustiere – z.B. Hunde, Katzen und einige Reptilien und Amphibien
  • Gruppe B Diese Tiere sind (bis auf einige Individuen) Futtertiere – Rinder, Hausschweine, Hühner, Gänse…
  • Gruppe C Diese Tiere sind beides, Haus- und Futtertiere, darunter fallen u.a. Hasen, Pferde, Hamster, Fische… 
  • Gruppe D Weder Haus- noch Futtertiere, darunter fallen die meisten Wildtiere, wie z.B. Fuchs, Schwäne, Tauben, Eichhörnchen…

Welche Gründe nennen Personen, die Tiergruppe B an A verfüttern? Womit rechtfertigen sie ihr Handeln? Einige „Argumente“, die uns immer wieder entgegnet werden, sind:

  • Haustiere müssen etwas fressen
  • Eine vegane Ernährung von A ist Tierquälerei
  • In der Natur frisst A auch andere Tiere
  • Die Teile von B, die im Futter landen, sind Schlachtabfälle, deswegen ist das in Ordnung
  • Ohne uns würde es das Tier B gar nicht gegeben haben, deswegen ist seine Nutzung in Ordnung

Unsere Gegenargumente im Einzelnen:

Haustiere müssen etwas fressen

Das ist vollkommen richtig, bis auf exotische Tierarten, welche einen relativ kleinen – wenn auch leider wachsenden – Anteil an Haustieren bilden, muss die Ernährung aber nicht durch Körper(teile) anderer Tiere stattfinden.

Eine vegane Ernährung von A ist Tierquälerei

Dieser Punkt ist so pauschal gesagt falsch. Gemeint ist, dass die vegane Fütterung von Tieren nicht artgerecht sei. Das stimmt. Allerdings gibt es keine  artgerechte Ernährung von Haustieren. Das liegt einfach daran, dass die Tiere domestiziert sind, und wir nicht beurteilen können, wie die Tiere sich in einem natürlichen Lebensraum ernähren würden, da es diesen Lebensraum schlicht nie gab.

Foto: Zeigt eine französische Bullogge in eine Decke einerollt.
Der Nachkomme des Wolfs. Wirklich „natürlich“ ist hier nicht mehr viel.

In der Natur frisst A auch andere Tiere

Die Vorfahren unserer Haustiere, allen voran Wölfe und Wildkatzen, fressen in der Tat andere Tiere, um ihre Nährstoffbedürfnisse zu befriedigen. Eine Ernährung, die diese Bedürfnisse ebenfalls befriedigt, ist also per se keine Tierquälerei. Futter, welches die benötigten Inhaltsstoffe enthält und gleichzeitig die anderen Bedürfnisse des Tieres an die Nahrung – Geruch, Geschmack, Textur – befriedigt, ist also weder schlecht noch ist es unnatürlicher als nichtveganes Futter. Insbesondere konventionelles Hunde- und Katzenfutter enthält viele pflanzliche Stoffe. Daneben aber auch Zucker, Geschmacksvertärker und ähnliche – für Hunde und Katzen nicht nur unnatürliche, sondern auch krankmachende – Zusätze,  welche in veganem Futter kaum zu finden sind.

Die Bevorzugung von Fleisch oder pflanzlichem Futter ist anerzogen und kann auch umerzogen werden, sowohl in die eine, als auch die andere Richtung.

 

Die Teile von B, die im Futter landen, sind Schlachtabfälle, deswegen ist das in Ordnung

Als erstes muss festgestellt werden, dass die Teile des Tieres, die in Tierfutter landen, kein Abfall sind. Mit ihnen wird, genau wie mit den allermeisten anderen Teilen der Körper, Profit erzeugt. Der*die Halter*in der (Nutz-)Tiere  kalkuliert diese Gewinne selbstverständlich in seine*ihre Planungen ein. Nur weil die Teile nicht den größten Anteil des Gewinns an dem Körper darstellen, sind sie noch lange kein Abfall. Selbst, wenn das oben genannte „Argument“ inhaltlich korrekt wäre, reduziert es das lebende „Nutztier“ auf einen rein ökonomischen Wert. Wir sind der Meinung, dass jedes fühlende Lebewesen einen Wert an sich hat, der nicht finanziell bemessen werden darf. An dieser Stelle verweisen wir aber auf den bald erscheinenden Artikel „Kapitalismus und Tierrechte“.

 

Ohne uns würde es das Tier B gar nicht gegeben haben, deswegen ist seine Nutzung in Ordnung

Dieses Argument geht davon aus, dass ein Leben per se gut und erschaffenswert ist. Objektiv können wir dies gar nicht entscheiden, denn niemand von uns weiß, wie es ist, nicht zu existieren. Wir können also nicht sagen, dass es gut ist, ein Leben zu erschaffen. Dieses Leben hat aber, wenn es erschaffen wurde, einen Überlebensinstinkt, der das Leben dazu veranlasst, um jeden Preis am Leben zu bleiben. Daher sollte das Beenden eines Lebens genau so überlegt werden, wie das Erzeugen. [Zitat Gandalf: “Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.“]

So wenig, wie eine Mutter das moralische Recht hat, das von ihr geborene Baby zu töten,  hat der Mensch das moralische Recht, ein Tier zu töten, nur weil er es „gezeugt“ hat. Bei Tieren kommt noch der Faktor des Eigentums hinzu. In unserer Gesellschaft werden Tiere wie Sachen behandelt. Ich kann sie verkaufen, kaufen, versteigern, produzieren und halten fast wie ich möchte. Unser Tierschutzgesetz gibt ein paar wenige Regeln, wie ich die Tiere nicht behandeln sollte, dieses Gesetz dient aber der Wirtschaft mehr, als dass es den Tieren nützt. So genügt beispielsweise der Verweis auf wirtschaftliche Einbußen durch ein Verbot des Schredderns männlicher Küken, um diese grausame Methode des Tötens und das Töten an sich rechtlich zu rechtfertigen. Quelle: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/kueken-toeten-urteil-oberverwaltungsgericht-muenster Nur weil jemand die Tiere „besitzt“, ist es moralisch nicht gerechtfertigt, dass die Person nach Belieben mit dem Tier verfährt. Darf ich mein Schwein töten, nur weil es mir einen finanziellen Vorteil bringt? Darf ich meinen Hund töten, weil sein Bellen nervt? Darf ich einen Affen töten, weil ich ihn aus einer Zoohandlung erworben habe?

Wird bei der „Nutzung“ nicht (nur) die Tötung, sondern auch das Arbeiten der Tiere für die eigenen Interessen gemeint, stellt sich die Frage, welche moralischen Argumente dies unterstützen würden.  Gerne wird von einer Art „Vertrag“ gesprochen, den die Tiere mal mit dem Menschen eingegangen sind. Dieser enthält – in aller Kürze – folgende Aussage: Wir beschützen euch, dafür arbeitet ihr für uns. Das ist natürlich ausgemachter Unsinn. Wenn wir die weiblichen Tiere jedes Jahr schwängern, ihnen ihre Kinder wegnehmen, ihre Milchproduktion mit Hormonen und selektiver Zucht auf ein unvorstellbares Maß erhöhen, die männlichen Babys einige Wochen nach der Geburt töten, da dies wirtschaftlich am sinnvollsten ist, kann beim besten Willen nicht von „Schutz“ gesprochen werden. Das Abschneiden von Schnäbeln mit einem heißem Messer, die Haltung von abertausenden Tieren in kleinen Hallen, eine durch Futter, Hormone und Zucht verzwanzigfachte Eierlegeleistung und das Schreddern, Vergasen oder Tottreten von Männchen verbinden wir ebenfalls nicht direkt mit dem Wort „beschützen“. Dies waren nur ein paar Beispiele, es gibt unzählige weitere, aus denen klar wird, dass wir Menschen Tiere systematisch ausbeuten.

Grafik: Hund und Katze Strichzeichnung.

Passender wäre die folgende Zeile im „Vertrag“: Wir sind euch geistig überlegen, deswegen begehen wir jede erdenkliche Grausamkeit an euch, sofern es uns oder unserer Wirtschaft nützt.  


Fazit

Eine Ernährung von „Haustieren“ mit „Nutztieren“ ist moralisch nicht vertretbar. Alle Tiere, die sich in unserer Obhut befinden, haben einen Lebenswillen. Wir haben nicht das Recht, darüber zu entscheiden, welches Tier sterben muss, damit wir ein anderes Tier vermeintlich „Artgerecht“ ernähren. Eine Einteilung in Haus- oder Nutztier ist immer willkürlich, in jeder Gesellschaft und für jeden Menschen unterschiedlich. Wir könnten ebenso Hunde an Katzen, Affen an Hunde, Papageien an Schweine oder Elefanten an Mäuse verfüttern. Das klingt absurd? Das ist es auch! Genau so absurd wie Schweine an Hunde oder Hühner an Katzen zu verfüttern.