1000 Demonstrierende gegen 80 Kreuze

1000 Demonstrierende gegen 80 Kreuze

Gestern war es wieder so weit, alle Jahre wieder ziehen Abtreibungsgegner*innen und Neurechte beim sogenannten „1000 Kreuze Marsch“ durch Münster. Sie treten damit für ein fundamentalistisch-christliches Weltbild ein, tragen ein eingerahmtes Jesusbild und in etwa 80 Kreuze durch die Stadt, um damit Menschen, die eine Abtreibung durchmachen mussten bloßzustellen. Höhnisch tragen sie die Kreuze, welche die „ermordeten Kinder“ symbolisieren sollen voller Trauer durch die Stadt.

Das es hier nicht um den Schutz irgendwelcher Lebewesen geht, offenbart nicht nur der Blick auf die zahlreichen Pelzkrägen der „Anti-Choice“ Unterstützer*innen, sondern auch ein Blick auf ihre Internetpräsenz. Hinter dem vermeintlichen Zug für die „ermordeten Kinder“ verbirgt sich ein fundamentalistisch-christliches Weltbild, voller Wissenschaftsfeindlichkeit, Evolutionszweifelei und Akzeptanz einer alles bestimmenden „Gottesautorität“. Sie gehen damit sogar so weit, Schwangeren das Recht auf Selbstbestimmung abzusprechen und den Schwangerschaftsabbruch noch stärker als ohnehin schon zu kriminalisieren. Dass Schwangerschaftsabbrüche kein unproblematisches Thema sind, muss gesagt werden, dennoch sollte über das „bis wann“ und „wie“ nicht aufgrund irgendwelcher „christlicher Werte“ entschieden werden, denn diese Werte sind schlicht frei erfunden. Dennoch beharren die Fundamentalist*innen auf diesen vermeintlichen Werten, Homophobie und Trans-Feindlichkeit inbegriffen.

Um für sexuelle Selbstbestimmung und die Möglichkeit legaler Schwangerschaftsabbrüche einzutreten haben wir uns dem Gegenprotest angeschlossen. 1000 Menschen sind gekommen, um gegen den Fundamentalismus Stellung zu beziehen. Laut und bunt, begleitet von zahlreichen Reden und etwas Musik fand der Gegenprotest in der Innenstadt von Münster statt. Pro Familia, die kritischen Mediziner*innen, der DGB, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, Frauen*streikgruppe, der Tierrechtstreff und weitere Gruppen waren mit Reden vertreten. So beleuchtete Pro Familia die schwierige Situation Schwangerer in Anbetracht des aktuell herrschenden Informationsverbots. Die kritischen Mediziner*innen setzten sich dafür ein, Schwangerschaftsabbruch an den Universitäten nicht nur auf dem Plan stehen zu haben, sondern auch tatsächlich zu lehren, was bisher sehr selten der Fall ist. Besonders nah ging der Redebeitrag einer Frau, welche gerade eine Abtreibung hinter sich hatte. Sie betonte abermals, wie schwer es ist, überhaupt an Informationen über Schwangerschaftsabbrüche heran zu kommen, da Ärzt*innen aufgrund von §219a kostspielige Prozesse riskieren, wenn sie über Schwangerschaftsabbruch informieren. Sie war also allein mit den Informationen im Internet, fühlte sich durch die Stigmatisierung sogar als „baldige Straftäterin“ – da sind Schockseiten wie sie von der „Anti-Choice“ Bewegung produziert und auch beispielsweise von der AfD-Münster auf der eigenen Homepage geteilt werden, wirklich das Allerletzte. Collagen mit heulenden Frauen vor toten Babys, um es einmal auszuschreiben. Zum Glück handelt es sich dabei nur um Propaganda und die Frau war zufrieden mit der Entscheidung für ihren Schwangerschaftsabbruch.

Während also geredet wurde bereiteten sich einige vor, die „80 Kreuze“ vor der Lambertikirche lautstark zu empfangen, da hier der Marsch an der Gegendemo direkt vorbeizog. Die Menschen auf der Gegendemo haben das Recht auch als Gegendemo wahrgenommen zu werden. Da der Polizei unsere Rechte natürlich völlig egal sind (uns steht der Rechtsweg offen…) parkte die Polizei-MS ihre Einsatzwannen in geschlossener Reihe vor die Gegendemo, sodass die „80 Kreuze“ vorbeiziehen konnten, ohne die Gegendemo zu Gesicht zu bekommen. Mal wieder toll gemacht, danke fürs Partei ergreifen Polizei NRW Münster.

Dennoch war es eine gelungene Veranstaltung und dem fundamentalistischen Zug für die Kriminalisierung von Abtreibung konnte ein lautes, buntes, vielfältiges und wissenschaftlich-fundiertes Zeichen entgegengesetzt werden. Vielen Dank an das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung Münster und an alle die dabei waren!