Statement zu unserem Banner beim „The Official Animal Rights March“ in Köln am vergangenen Samstag, 17.08.2019.
+++ Don’t shoot the messenger +++
Zuallererst möchten wir zwei Sachen erwähnen:
Wir bitten davon abzusehen, dass die Personen auf dem Foto, die das Banner halten, persönlich angegriffen werden. Ebenso möchten wir keine einzelne Person, die mit Anonymous for the Voiceless (kurz AV) sympathisiert, angreifen. Es geht uns um die Kritik an der Organisation, ihrer Führung und dem, was sie in der Tierbefreiungsbewegung verursacht.
Das Ziel dieses Blocks bestand darin, die klar mit AV in Verbindung zu bringende Offenheit für eine “Hauptsache-für-die-Tiere-Mentalität”(auch bekannt als „Non-Humans First“ (NHF)-Mentalität) zu problematisieren, wobei sich die Kritik nicht ausschließlich gegen AV, sondern gegen die Idee eines “Single-Issue”-Kampfes an sich richtet. Gemeint ist mit diesem Begriff der Einsatz für nur einen Befreiungskampf unter Vernachlässigung oder sogar Verrat anderer Befreiungsbewegungen. Häufig praktizierte Beispiele sind das Werben für Veganismus durch sexistische Plakate oder etwa durch das Bewerben großer Fleischkonzerne, weil sie ein veganes Produkt auf den Markt gebracht haben. Dies geschieht – in den Beispielen bleibend – auf Kosten aller Frauen*, die nicht weiter auf ihre Körper reduziert und zu Objekten degradiert werden wollen, bzw. auf Kosten u.a. der Arbeiter*innen, die vom betroffenen Fleischkonzern als moderne Lohnsklaven ausgebeutet werden, und auf Kosten der Tiere, die nach wie vor von diesem Konzern misshandelt und ermordet werden.
Leider ist das Wissen um eine inklusive Tierbefreiungsbewegung in den letzten Generationen von Aktivist*innen verloren gegangen und es werden die gleichen Fehler wiederholt, die es auch schon vor AV gab.
Eine inklusive Bewegung lebt davon, dass alle Menschen daran teilhaben können.
Diskriminierungen zu akzeptieren ist klar EXKLUSIV, denn: es werden Minderheiten angegriffen, die sich dann verständlicherweise nicht sicher fühlen und aufgrund dessen die Bewegung verlassen. Das ist kein inklusiver Ansatz und es ist alles andere als heuchlerisch, Intoleranz mit Intoleranz zu begegnen. „Hauptsache für die Tiere“ und „Hauptsache Aktivismus“ sind gefährliche Ansätze. Es müssen immer alle Befreiungskämpfe mit einbezogen werden. Nur das ist inklusiv!
Wir als emanzipatorische Gruppe können und wollen nicht akzeptieren, dass Minderheiten unterdrückt, marginalisiert und ausgeschlossen werden.
Da die Tierbefreiungsbewegung momentan auf einem Weg ist, der den Aktivismus für Tierrechte professionalisiert, hat dies zur Folge, dass nur die Menschen, die sich dieser kapitalistischen Logik unterwerfen können und wollen, an der Bewegung teilnehmen können.
Menschen, die als „zu schwach“ gelten, als dass sie über eine persönliche Diskriminierung hinwegsehen können, können kein Teil von AV sein.
Frauen*, die nicht „stark genug“ sind, um Schulter an Schulter mit Frauenhassern zu marschieren, werden ausgeschlossen.
People of Color sollen neben Neo-Nazis marschieren, körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen neben solchen, die diese als minderwertig ansehen.
All dies sind Werte, für die AV steht.
Quelle [ab Minute 4:24 !]:
George Martin (AV London; groß im Bild) und Paul Bashir (AV Gründer; unten rechts klein im Bild) unterhalten sich über „intersektionale Heuchler*innen“. George Martin erklärt, was eine intersektionale bzw. inklusive Bewegung für ihn bedeutet.
Öffentlicher Beitrag von Asal Alamdari (AV Gründerin) vom 06.08.2019
Verfechter*innen von AV, welche die Organisation verteidigen, verweisen auf aktuelle Veränderungen in derselben. Richtig ist, dass die Chefetage von AV immer noch Sexismus leugnet und relativiert.
Diese Werte, die von der Führung von AV diktiert werden, werden von den einzelnen Chapter-Führungen umgesetzt. Wer sich dagegen auflehnt, wird seiner*ihrer Position enthoben (so passiert in Dortmund). Das Argument, dass die meisten AV-Mitglieder und -Organisator*innen für Intersektionalität und Inklusivität stehen und dies auch vertreten, steht klar im Widerspruch mit AV als Organisation an sich – wer einen inklusiven und intersektionalen Ansatz vertritt, kann einer solchen Organisation, die einer kapitalistischen Verwertungslogik folgt und die u.a. Rassist*innen und Anti-Feminist*innen in ihren Reihen duldet, nicht angehören. Selbst wenn es im eigenen Chapter keine Probleme gibt und Intersektionalität gelebt wird, ist doch immer noch die Dach-Organisation ganz klar anti-emanzipatorisch, kapitalistisch und hierarchisch.
Warum AV-Kritik auf dem “Official Animal Rights March” in Köln?
Selbstverständnis „The Official Animal Rights March Köln 2019":
“Es wird sich hier für einen abolitionistischen Standpunkt bezüglich der Ausbeutung von Tieren und für eine klare vegane Botschaft eingesetzt.
Wir kämpfen gegen Speziesismus, weshalb auch andere Arten von Diskriminierung wie beispielsweise (aber nicht beschränkt auf) Sexismus, Homophobie, Ableismi und Rassismus in Wort und Tat nicht mit unseren Werten einhergehen.
Jegliche Person oder Gruppe, die mit dem Obengenannten nicht einverstanden ist, ist bei der Aktionen nicht erwünscht." [sic!]
Leider wird TOARM seinem eigenen Selbstverständnis nicht gerecht, wenn er AV als Gruppe auf der Veranstaltung duldet, was im Folgenden näher erläutert wird.
Hier in Münster konnten wir selbst miterleben, wie anti-feministische und transphobe Chapter-Leitungen über einen langen Zeitraum toleriert wurden und nur durch massivste Kritik und Abspaltung der emanzipatorischen Aktivist*innen eine Veränderung erzwungen wurde. Wir haben die Kritik an AV unermüdlich über verschiedenste Wege direkt an AV und andere Gruppen getragen. Dies haben wir immer zuerst auf der persönlichen Ebene versucht. Jedoch war dies selten von Erfolg gekrönt, da das Charisma und Gruppengefühl von AV stärker ist als Fakten. Auch ein Artikel in Deutschlands ältester und bekanntester Tierbefreiungs-Zeitschrift hat an dem rasanten Wachstum von AV kaum etwas geändert (ab Seite 74:http://wp12916505.server-he.de/pdf/tb99.pdf ).
Dadurch, dass die Kritik innerhalb der Bewegung zum großen Teil ignoriert wurde und bis heute wird, sahen wir uns gezwungen, die Botschaft öffentlich dort zu teilen, „wo es weh tut“.
TOARM am 18.08.2019 in Köln
Auch wenn es eigentlich „The Official Animal Rights March“ sein sollte, sah es Samstag durch die enormen personellen Überschneidungen mit AV (insbesondere im Orga-Team des TOARM) eher nach einem „The Official Anonymous for the Voiceless March“ aus.
TOARM am 18.08.2019 in Köln
Dies wird auch durch die vom March verbreiteten Fotos suggeriert, die den Eindruck erwecken, es handle sich um eine AV-Demo. AV versucht seine Marke zu pushen und so den Eindruck zu erwecken, dass AV die Tierrechtsbewegung repräsentiert.
Dies zeigt auch, dass es der Führung von AV vorrangig nicht um die Tiere, sondern um die eigene Marke geht. Dies wird auch durch Frontbanner verdeutlicht, auf denen lediglich der Name der Organisation steht, und neben Paul und Asal (Gründer*in AV) kein weiteres „Gesicht“ der Organisation zugeschrieben werden darf. Sie haben die Anonymous-Bewegung, welche nie ein Gesicht hatte, und der es immer nur um ihre Ideale ging, für sich vereinnahmt und instrumentalisieren sie, um sie mit ihren Gesichtern zu verbinden.
AV spricht davon, eine große „Vamily“ zu sein, jedoch zu dem Preis, dass sich alle Menschen dem Willen der Gründer*in unterwerfen müssen. Auch wenn offiziell Kritik gewünscht ist, wird sie doch, wenn sie geäußert wird, ins Lächerliche gezogen und die Person persönlich diffamiert (https://youtu.be/8kQjaF8yJw0). Wir sehen hier große Parallelen etwa zu Sekten, wie z.B. Scientology. Interne Kritiker*innen werden mundtot gemacht, Externe werden öffentlich denunziert und auf noch so kleine sachliche Kritik erfolgen öffentliche, persönliche Hass-Angriffe, die sich nicht mit der Kritik auseinandersetzen, sondern die Person persönlich verletzen sollen.
Nachdem im Jahr 2018 eine Welle der Kritik aus Richtung der Tierbefreiungsbewegung über AV geschwappt war , gründeten sich überall Liberation-Gruppen. Diese Gruppen setzen sich aus ehemaligen AV-Aktivist*innen zusammen, die die von AV ausgehende Diskriminierung nicht weiter dulden und einen inklusiven, intersektionalen Aktivismus betreiben wollen. Wir wissen, dass viele der auch heute noch bei AV engagierten Menschen, die teilweise vielleicht den Aktivismus gerade erst für sich entdeckt haben, die anti-emanzipatorischen Strukturen von AV selbst nicht vertreten.
Unser Plädoyer an euch: Unterstützt nicht weiter eine Organisation, die Rassismus, Sexismus, Ableism, Lookism und andere Diskriminierungsformen betreibt oder duldet. Emanzipiert euch aus der “Vamily” und schließt euch Gruppen an, deren emanzipatorisches Selbstverständnis nicht nur ein Lippenbekenntnis ist.
Die Aussage „Tschau AV“ drückt daher auch genau das aus, was dort steht, nämlich, dass es die Möglichkeit gibt, sich von AV zu verabschieden.
Eine inklusive Bewegung lebt davon, dass sie sich an der „schwächsten“ Gruppe orientiert, für ihre Rechte eintritt und Diskriminierungen nicht duldet. Keine Toleranz für Intoleranz!
Die folgenden Gruppenauflistung ist keine offizielle Unterzeichnung dieses Statements, die Gruppen waren aber Teil des herrschaftskritischen Blocks und sind einen Besuch wert: